Weihnachtsgedichte Sammlung


Wehnachten

Heinrich Hoffmann von Fallersleben


Zwar ist das Jahr an Festen reich,
Doch ist kein Fest dem Feste gleich,
Worauf wir Kinder Jahr aus Jahr ein
Stets harren in süßer Lust und Pein.

O schöne, herrliche Weihnachtszeit,
Was bringst du Lust und Fröhlichkeit!
Wenn der heilige Christ in jedem Haus
Theilt seine lieben Gaben aus.

Und ist das Häuschen noch so klein,
So kommt der heilige Christ hinein,
Und Alle sind ihm lieb wie die Seinen,
Die Armen und Reichen, die Großen und Kleinen.
 
Der heilige Christ an Alle denkt,
Ein Jedes wird von ihm beschenkt.
Drum laßt uns freu'n und dankbar sein!
Er denkt auch unser, mein und dein.







Weihnachten

Franz Grillparzer
 
Bei einer Zurücksetzung im Dienste
Am heilgen Christtagabend
Den Kindern man beschert,
Da ist denn eitel Freude
 

An Wägelchen und Pferd.
Am heilgen Christtagabend,
Obgleich ich längst kein Kind,
Hat man mir auch bescheret,
 

Gut, wie die Menschen sind.
Man gab mir einen Kummer,
Man gab mir eine Qual,
Die tief am Leben naget,
 

Das längst schon geht zu Tal.
Man gab mir die Gewißheit,
Mein Streben sei verkannt,
Und ich ein armer Fremdling
In meinem Vaterland,


Man hat beim nahnden Winter
Genommen mir das Nest
Und hieß mich weiter wandern
Für meines Lebens Rest.


Doch ists der Lauf der Zeiten,
Ein Trost nur stellt sich dar:
Bin ich auch nichts geworden,
Ich blieb doch der ich war.



Weihnachten

Friedrich Nietzsche

O Tag so schön, o Tag so mild,
So wonnevoll, so wunderbar,
So frei und luftig wie der Aar,
Und wie der Quell, der dem Gefild
Von Blümlein zart umrankt, entquillt,
So sonnenhell, so frisch und klar!

Mein Herz jauchzt auf, wenn es dich schaut,
Und schwingt sich gleich der Lerch' empor.
Mir ist's, als hört' ich Hafenchor,
Der mir in ahnungsvollem Laut
Manch süss Geheimniss anvertraut,
Und voll Entzücken lauscht mein Ohr!






Kennt ihr den Kleinkinderhimmel?
Gottfried Keller

 

Gottfried Keller

Kennt ihr den Kleinkinderhimmel,
Wo als Gott der Zuckerbäcker
Waltet süß und hoch und herrlich
In den Augen kleiner Schlecker?

Und zur Weihnachtszeit, wie flimmert,
Duftet es an allen Wänden!
Welchen Schatz von Seligkeiten
Schüttet er aus mächt'gen Händen!

Läßt erblühen Wunderblumen,
Weise streut er die Gewürze;
Schön steh'n ihm die hohe, weiße
Zipfelmütze, Wams und Schürze.

Doch wonach die guten Kinder
Schmachtend vor dem Laden stehen,
Muß dem Reichen, Allgewalt'gen
Reizlos durch die Hände gehen.

Einmal kaum im Jahr genießt er
Aus Zerstreuung in dem Handel
Flüchtig ein gefehltes Törtchen
Und verächtlich eine Mandel.

Zipfelmütze, weiße Schürze,
O wie nüchtern glänzet ihr,
Und wie mahnt ihr mich an weißes,
Reinliches Konzeptpapier!


 

 

 

 

Weihnachten

Kurt Tucholsky

So steh ich nun vor deutschen Trümmern
und sing mir still mein Weihnachtslied.
Ich brauch mich nicht mehr drum zu kümmern,
was weit in aller Welt geschieht.
Die ist den andern. Uns die Klage.
Ich summe leis, ich merk es kaum,
die Weise meiner Jugendtage:
   O Tannebaum!

Wenn ich so der Knecht Ruprecht wäre

und käm in dies Brimborium
- bei Deutschen fruchtet keine Lehre -
weiß Gott! ich kehrte wieder um.
Das letzte Brotkorn geht zur Neige.
Die Gasse gröhlt. Sie schlagen Schaum.
Ich hing sie gern in deine Zweige,
   o Tannebaum!

Ich starre in die Knisterkerzen:

Wer ist an all dem Jammer schuld?
Wer warf uns so in Blut und Schmerzen?
uns Deutsche mir der Lammsgeduld?
Die leiden nicht. Die warten bieder.
Ich träume meinen alten Traum:
Schlag, Volk, den Kastendünkel nieder!
Glaub diesen Burschen nie, nie wieder!
Dann sing du frei die Weihnachtslieder:
   O Tannebaum! O Tannebaum! 

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